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Mittwoch, 5. Mai 2010

Doro Meuren:Eine grüne, feministische Stimme zum Burka-Verbot

Doro Meuren,Mitglied der GRÜNEN, KV Weinheim, LAG und BAG Frauen, zur Debatte um das Burka-Verbot. Kernsatz:"Die Grünen Befürworter dieses demarkierenden Kleidungsstückes hingegen unterstützen mit ihrer Position das "Burka-Patriarchat" weltweit, statt dass sie den Zwang zum Tragen als das bezeichnen, was es vor allem ist: ein Symbol der Unterdrückung der Frauen und Verletzung ihres Rechtes auf Selbstbestimmung."

Liebe MitstreiterInnen,

die feministisch-linguistische Sprachkritik hat sich vor einem Vierteljahrhundert dafür eingesetzt, dass Frauen sprachlich gewürdigt und sprachlich sichtbar werden. Die Durchsetzung dieser Forderungen in die gesellschaftliche Praxis hält immer noch an, denn weiterhin werden Frauen sprachlich unsichtbar gemacht. Offenbar ist das vielen Grünen Mitgliedern - inzwischen werden sie auch von Frauen in den Print- und elektronischen Medien unterstützt - genug, die sich immer noch (oder schon wieder?) einer sexistischen Grammatik bedienen. -
Die neueste Tendenz, Frauen zumindest im gesellschaftlichen Leben und damit in der Öffentlichkeit unsichtbar zu machen, greift jetzt auch bei Grünen Mitgliedern; sie befürworten das Tragen einer Burka für muslimische Frauen im öffentlichen Raum. Das betrifft derzeit nur eine Minderheit von Frauen, die damit öffentlich stigmatisiert und damit auf Grund ihres Geschlechtes diskriminiert werden. Das nenne ich außerdem praktizierten Sexismus - und die Grünen sind daran nicht unschuldig.
Mittlerweile hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestages festgestellt, dass die Vollverschleierung dem Schutz der muslimischen Frauen diene. Schutz vor wem? Sicherlich nicht vor uns Frauen! Das legt den Schluss nahe, dass Männer, die solch eine totale Verhüllung von Frauen das Wort reden, testosterongesteuerte Wesen und daher nicht in der Lage sind, Triebkontrolle und -verzicht zu leisten, zur Sublimierung unfähig und daher Frauen generell als Mittel ihrer sexuellen Befriedigung ansehen? Polemisch stelle ich fest: Herr Singhammer, Vater von sechs Kindern, ist Auftraggeber des Gutachtens; er wird's offenbar wissen.
Das Tragen der Burka sei "ein starkes Bekenntnis zu den Kleidungsvorschriften des Islam", heißt es in dem Gutachten. Dabei dient es m.E. nur der Ausgrenzung einer gesellschaftlich kleinen Gruppe von Frauen, nicht der Integration in unsere Gesellschaft. Zuvörderst wird dieses bemerkenswerte Postulat von Männern, auch Grünen, erhoben, die obendrein dieses Kleidungsstück nicht tragen müssen; sie können sich frei im öffentlichen Raum bewegen. Die Grünen Befürworter dieses demarkierenden Kleidungsstückes hingegen unterstützen mit ihrer Position das "Burka-Patriarchat" weltweit, statt dass sie den Zwang zum Tragen als das bezeichnen, was es vor allem ist: ein Symbol der Unterdrückung der Frauen und Verletzung ihres Rechtes auf Selbstbestimmung. Ummantelt wird das mit der fadenscheinigen und empirisch nicht erforschten Begründung, die Frauen trügen es (vielleicht wie ein bayrisches Dirndl?) freiwillig; ohne diese Art des Verbergens ihres gesamten Körpers sei ihr Aufenthalt auf die häusliche Sphäre reduziert. Dieser letzte Halbsatz ist in seiner Brisanz entlarvend, liefert er doch einen Beweis für den Kulturrelativismus vieler deutscher Bürger, aber auch Bürgerinnen.
Die einstige frauenpolitische Sprecherin im Bundestag Irmingard Schewe-Gerigk fuhr vor vielen Jahren mit dem Frauenausschuss des Bundestages in die Türkei, um mit den obersten Religionsführern das Thema Kopftuch zu diskutieren. Antwort: Auch eine streng gläubige Muslima muss kein Kopftuch tragen. Die Religion schreibt es nicht vor. Burka bzw. das Tragen von Kopftüchern gehören zu den Kleidungsvorschriften des politischen Islam, da der Islam keine religiösen Symbole kennt. Das müsste Mann, noch dazu ein Bundestagsabgeordneter, sehr wohl wissen.
Frauen aus Afghanistan war das Tragen einer Burka während der Taliban-Herrschaft vorgeschrieben; Verstöße dagegen wurden streng geahndet. Seit 2001 gelten im Prinzip diese Reglementierungen nicht mehr, jedoch hält sich dieses Unrecht so lange, bis es wieder zur Selbstverständlichkeit gehört. Rahima Valena vom KV Göttingen hat das in ihrem Referat, das sie anlässl. der Sitzung der BAG Frauen Ende Februar d.J. hielt, ausdrücklich hervorgehoben. Sie ist ohne Kopftuch in Afghanistan aufgewachsen, musste es allerdings letztes Jahr, als sie in ihrem Geburtsland weilte, die ganze Zeit über tragen. Von Freiwilligkeit absolut keine Spur!
Das Oberverwaltungsgericht Bremen entschied im Jahre 2007, "dass das im Schulgesetz festgelegte strikte Kopftuchverbot für alle Lehrkräfte rechtmäßig ist. Auch für Referendare gebe es keine Ausnahme (Oldenburgische Volkszeitung vom 23.02.2007, S. 5)." Ich bin der Auffassung, Männer sollten sich dafür einsetzen, es tun (tragen) zu dürfen, damit das ganze Kopftuchproblem auf elegante und friedliche Art vom Tisch ist. Wäre das nicht ein unterstützenswerter Akt und obendrein ein solidarisches Verhalten gegenüber Frauen?

Feministische Grüße aus Weinheim
Doro
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