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Mittwoch, 14. Juli 2010

Rot-(rot)-grün in HH

Was auch innerhalb der GAL schon ein wenig rumort, ist nun dank "Schalthoff live" ein öffentliches Thema geworden: Rot-(rot)-grün nach dem VE. Fortsetzung der Debatte u.a. am Frei. 10.September: Die kleine innerparteiliche AG in der GAL "Frischer Wind" hat für Frei. 10.9., Sven Giegold eingeladen, Ex-attac-Sprecher, derzeit grüner Finanzexperte im EP und - weil nur schlau sein und Recht haben noch keine praktische Politik ist- Initiator des "Institut solidarische Moderne", das Schritt für Schritt an gemeinsamen Handlungsoptionen von SPD, Grünen und PdL arbeitet. Mitglieder von SPD und Pdl sind ausdrücklich eingeladen! Es ist immer gut, noch eine Karte in der Hinterhand zu haben.

Montag, 12. Juli 2010

Iran: Der Islam an der Macht

Die ausgesetzte Steinigung
Eine iranische Witwe wird womöglich nicht mit dem Foltertod bestraft. Der droht aber zwei weiteren Frauen. Von Rainer Hermann

ABU DHABI, 11. Juli. Ginge es nach dem Gesetz der Islamischen Republik Iran, würde Sakineh Mohammadi Ashtiani zu einem Zeitpunkt, den sie nicht kennt, ohne Vorwarnung aus ihrer Zelle im Gefängnis von Tabriz geführt werden. In einem Hof würde sie mindestens bis zur Hüfte eingegraben. Dann würden Männer Steine auf sie schleudern. Die Steine sollen nicht größer sein als eine Faust, denn die Steinigung soll nicht gleich zum Tod führen. Die Verurteilte soll wehrlos sein und einen qualvollen Tod sterben, der sich in die Länge zieht.

So wollten es die Richter der Stadt Tabriz. Denn Iran ist mit Nigeria, Pakistan und Sudan das einzige Land, das für die Bestrafung des Ehebruchs die in der Scharia vorgesehene Steinigung anwendet. Alle anderen islamischen Staaten, die die Scharia praktizieren, haben diese archaische Strafe aus ihrem Gesetz gestrichen. Die einen argumentieren, die Steinigung sei nur zur Abschreckung gedacht und nicht zur Anwendung. Die anderen sagen, die Beweislast, die die Scharia für eine solche Strafe vorschreibe, sei in der Praxis nicht zu erbringen. Denn erwachsene Muslime müssten den Geschlechtsakt bezeugen und vor Gericht im Verfahren ausgesagt haben.

Solche Einschränkungen gelten aber nicht für die Richter von Tabriz. Das gesamte Gerichtsverfahren in der Sache der 43 Jahre alten Witwe Sakineh Ashtiani gilt als zweifelhaft. Selbst nach iranischem Recht darf eine Frau nur dann gesteinigt werden, wenn sie während ihrer Ehe mit einem anderen Mann Geschlechtsverkehr hatte. Geständnisse lagen aber nur für eine Beziehung von Frau Ashtiani vor, als sie bereits Witwe war. Drei der fünf Richter argumentierten jedoch, ihre Intuition sage ihnen, dass die Angeklagte schon vor dem Tod ihres Mannes sexuelle Beziehungen mit dem anderen Mann hatte. Ihr Mann war 2005 unter mysteriösen Umständen gestorben. Sein Tod wurde nie aufgeklärt. Im Mai 2006 wurde Frau Ashtiani wegen ihrer außerehelichen Beziehungen zu 99 Peitschenhieben verurteilt. In Anwesenheit ihres Sohnes wurde sie ausgepeitscht. Wenige Monate später rollte das Gericht das Verfahren gegen sie neu auf, behauptete nun, sie sei am Mord an ihrem Mann beteiligt gewesen und habe mit dem Mörder bereits zu Lebzeiten ihres Mannes Geschlechtsverkehr gehabt. Für beide Behauptungen gab es keine Beweise, nur viel richterliche Intuition.

Sakineh Mohammadi Ashtiani ist eine einfache iranische Hausfrau. Sie kann weder lesen noch schreiben. Aber nicht nur aus diesem Grund erfährt sie nicht, dass die Welt über ihren Fall spricht: Sie sitzt in Einzelhaft. Die zwei Kinder der Witwe haben sich aber an die Weltöffentlichkeit gewandt, um ihre Mutter zu retten. Zuvor waren alle ihre Gnadengesuche in Iran unbeantwortet geblieben. Amerikanische Filmstars und Politiker haben sich einem Aufruf an die iranische Regierung angeschlossen, die Strafe auszusetzen, auch die EU-Außenbeauftragte Ashton und der britische Außenminister Hague. Immerhin hat die iranische Regierung bekanntgegeben, Frau Ashtiani werde nicht gesteinigt. Offenbar droht weiter die Todesstrafe, denkbar ist der Galgen. Erst muss der Revolutionsführer Chamenei über das Gesuch zur Aussetzung der Steinigung entscheiden.

Sakineh Ashtiani ist nicht die einzige Frau in den Gefängnissen Irans, der die Steinigung droht. Bekannt seien die Fälle von zwei weiteren Frauen, die 19 und 25 Jahre alt sind, sagt die in Deutschland tätige iranische Frauenrechtlerin Mina Ahadi. Die jüngere der beiden Frauen sei bereits zweimal auf den Hof des Gefängnisses geführt und bis zur Hüfte eingegraben worden. So werde sie sterben, hätten die Vollzugsbeamten sie während der Scheinhinrichtungen verhöhnt.


Text: F.A.Z., 12.07.2010, Nr. 158 / Seite 6